28. Ausstellung der Sommergalerie „Sommergäste XIV“  20. Mai bis 20. August 2023

Ausstellende Künstler:

Doris Leue  –  Zeichnungen

Klaus Drechsler  – Bronzen

Achim Borsdorf  – Stahlplastik

Carsten Gille – Malerei

Die Ausstellungseröffnung „Sommergäste XIV“ war am Sonnabend, dem 20. Mai 2023, um 16.30 Uhr,
musikalisch begleitet von Marko Dorotsky und Jaron Rittmeister aus Freiberg.

Die Ausstellung ist bis zum 20. August 2023 zu sehen.

Die Sommergalerie ist geöffnet Sonnabend, Sonntag, Feiertag von 11 – 18 Uhr und jederzeit nach telefonischer Vereinbarung.

Tel. 037326 9625, Mobil 0163 2925 491

Wir freuen uns auf Ihren/Euren Besuch.
Susanne und Carsten Gille

 

Katharina Arlt

Kunst und Leben als Einheit

28. Sommergalerie im Hofefeld nahe Frauenstein zeigt Arbeiten von Achim Borsdorf, Klaus Drechsler, Carsten Gille und Doris Leue.

Anfang der 1980er Jahre erwarb Carsten Gille gemeinsam mit seiner Frau einen alten Dreiseithof im Osterzgebirge. Das Grundstück am Fuße des Schlossberges der Burgruine Frauenstein inmitten einer kleinen, locker bebauten Siedlung ist von Feldern und dichtem Baumbestand umgeben. Ein idealer Ort des Rückzugs und für die Konzentration auf die eigene künstlerische Arbeit. Doch der Berliner Künstler Carsten Gille öffnet sein Refugium seit 1996 auch für Gäste. Seither lädt er jedes Jahr Kunstschaffende ein, ihre Arbeiten in einer gemeinsamen Sommergalerie-Ausstellung auf dem Hof zu präsentieren. Dabei werden auch die Wiesen für die Installation von Großskulpturen und Objekten einbezogen. Anlässlich der 28. Sommergalerie-Ausstellung zeigt er neben den eigenen Arbeiten, Werke dreier weiterer künstlerischer Positionen aus Dresden und Berlin. Das Projekt der Sommergalerie wird gefördert durch den Verband Kulturraum Erzgebirge-Mittelsachsen. 

Für den 1959 in Berlin geborenen Carsten Gille sind Landschaft und Literatur wesentliche Impulsgeber seiner Malerei und Druckgrafik. Eine der Arbeiten sei hier näher betrachtet.

Unter der Oberfläche brüchig-nebulöser, fast sich auflösender Farbfelder in Grün, Blau und Braun bricht an vielen Stellen der Ölmalerei auf Papier ein orangeleuchtender Untergrund hervor. Weißblaue Adern, oder Verästelungen durchziehen die Komposition. Wer mag, kann im Hintergrund schemenhaft den Schatten einer menschlichen Gestalt erahnen. Doch diese Assoziation ist wohl eher Teil der vom Titel geleiteten Sicht. Denn Carsten Gilles Arbeit “Katzensilber (zu Stifter)” bleibt weitgehend abstrakt. Dennoch animiert uns der Verweis auf den österreichischen Dichter Adalbert Stifter (18051868), dessen Werk er eine ganze Folge widmet. Wir fragen uns daher, ist jener figurative Schatten eine Andeutung der Kontur des namenlosen “wilden Mädchens” aus Stifters Erzählung? Ein “Waldgeschöpf”, das die Erziehung flieht und somit als Beispiel der Zivilisationskritik die Frage aufwirft, ob die Zähmung der Wildnis zur kultivierten Natur, als ein Modell für das Denken und Handeln des Menschen, nicht mehr ausreicht? 

Auf den Wiesen vor dem Dreiseithof von Familie Gille wurden außerdem gigantische Stahlskulpturen in Gedenken an den 2021 verstorbenen Berliner Bildhauer Achim Borsdorf arrangiert. Basis seiner raumgreifenden Arbeiten sind gefundene, ausrangierte, industrielle Materialien. Aus flachen Formteilen, Scheiben und Streifen, gerosteten Stahls entstehen Borsdorfs abstrakte, mit negativen Aussparungen kreierte Installationen. Wie z.B. sein japanisches Tor oder fast fragil wirkende Figurationen, deren verschweißte, schmale Stege und unregelmäßige Plattenmodule an eine wankende, nahezu durchlässige Gestalt erinnern.  

Der Dresdner Künstler Klaus Drechsler, bereits mehrfach Gast der Sommergalerie, ist mit Bronzen vertreten. Eine freie, fast wogende Modulation der Oberfläche bestimmt seine Arbeiten. Besonders deutlich wird dies in der Büste eines alternden Clowns, dessen Gesicht fast zur leeren, ausgehöhlten Maske gerinnt. In den Tierskulpturen, einem wichtigen Sujet in der Plastik des Künstlers, gelingt es Drechsler auf subtil ironische Weise, anthropomorph konnotierte Eigenschaften tierischer Lebewesen zu inszenieren, ohne dem Animalische entgegenzuwirken. So präsentiert sich in eleganter Beinstellung des Kontraposts und erhobenen Hauptes, voller Stolz eine Schnepfe. 

Das Sujet der Tierdarstellung, seien es Zoo- und Zirkustiere oder heimisches Nutzvieh im Oderbruch, findet man in blattfüllenden Tuschezeichnungen von Doris Leue. Die in Berlin und Brandenburg wirkende Künstlerin zeigt zudem Ansichten europäischer Städte und Theaterszenerien. Ihr äußerst vielschichtiger Zeichenduktus reicht von dichten, undurchdringlichen Liniengeflechten über sanft fließende, breite Schraffen bis hin zu weicheren, wenngleich zügigen Skripturen, mit denen sie den Bildgrund bisweilen fast vollständig füllt oder als reizvollen Freiraum in die Komposition integriert.

Ein Besuch der feinsinnig nuancierten Ausstellung bietet Gelegenheit, die Arbeiten der Kunstschaffenden im einzigartigen Refugium des Dreiseithofes in Augenschein zu nehmen. Der Ausflug ließe sich verbinden mit einer Wanderung durch die weitläufige Tal- und Hügellandschaft des Osterzgebirges, um möglicherweise auf den Spuren des berühmten Orgelbauers Gottfried Silbermanns (1683–1753) zu wandeln, dem ein Museum in unmittelbarer Nachbarschaft gewidmet ist.